Der Hochhaus-Wildwuchs auf dem Globus findet sich vor allem dort, wo sich über Jahrhunderte kaum eine hohe Wohnkultur entwickeln konnte. In Europa ist das Wohnhochhaus eine oft wieder abgebrochene Fehlleistung. Doch hat es, einer globalen Mode folgend, Zürich erneut erreicht – als Rückschlagswelle aus Asien und den Emiraten, die wieder den Westen trifft. Für die Zürcher Wohnszene ist das tragisch, weil die Konstruktion von Hochhauswohnungen teurer zu stehen kommt und die nutzbare Wohnfläche wegen Schächten, Nottreppen, Liftbatterien kleiner ausfällt.
Warum plant und erstellt Zürich überhaupt Hochhauswohnungen? Die Möglichkeit wurde mit entsprechenden Zonen 2001 geschaffen, dann turnten sich Investoren und ihnen zudienende Architekten und Ingenieure im entstandenen Hype. Stadtbild, Quartier und Nachbarschaft wurden beiseite gewischt. Bis das chaotische «Stoppelfeld» manifest wurde, feierte die Presse jeden Turm. Doch kamen in den letzten Jahren ganz ernsthaft die Fragen der Energie und der Ökologie aufs Tapet. Da sich für die Soziologie im Wohnen auf dem jahrzehntelangen Anbietermarkt niemand wehren konnte, bringen erst diese neuen Energie- und Ökologiefragen das Hochhaus ins straucheln.
Die Frage, ob das Hochhausleitbild revidiert werden soll oder muss, ist jetzt ganz schnell, aber sehr deutlich hinfällig geworden. Dessen neue Planungen können archiviert und die Hochhauszonen wieder aufgehoben werden, damit der ökologische urbane Flachbau umgehend beginnen kann.
Bild: Letzitürme, SBB Immobilien
P.S., die linke Zürcher Zeitung, Nr. 22/22, 3. Juni 2022, Seite 12 www.pszeitung.ch
Artikel: https://www.pszeitung.ch/hochhaeuser-passen-nicht-zum-homo-sapiens