Nach Abschluss der Wertung des Hochhauses in der europäischen Stadt und der Konklusion von Jan Gehl, dass das Hochhaus nicht zum homo sapiens passt, befasst sich «zuerivitruv» mit dem stadtklimatischen Aspekt. Da sich Gebäudefassaden aufheizen und wie Heizkörper wirken, wird nach Beschattung gesucht. Die Stadt Paris hat bei ihrer Neuerfindung mittels Boulevards ab 1853 auf Alleen gesetzt. «Tant d’arbres!» rief ein Künstler aus, als er erstmals die Stadt besuchte. Ob damals schon daran gedacht wurde, dass die Grossbäume durch Blätterfall im Winter die schönen Steinfassaden den wärmenden Sonnenstrahlen aussetzen, ist nicht bekannt. Doch in unserer Zeit der Erwärmung ist die Kombination von Sommerschatten und winterlicher Freigabe eine Entdeckung erster Güte.
Und jetzt kommt ein schwerverständlicher Satz: «Wenn das menschliche Dasein sinnvoll sein soll, müsste es einem gefallen können». Simpler Sommerschatten ist gut, doch wenn er durch Grossbäume noch flirrend fürs Auge ist und durch schönes Rauschen gesteigert wird, ist das Dasein beträchtlich angenehmer. Sind wir in Zürich noch fähig für solche Lebenskunst? Oder sehen wir uns durch Dubai-Stream genötigt, die lindernde Baumzone um das zehnfache zu übersteigen und ungeschützt in der Hitze zu gleissen?
Der neue Tessinerplatz, 1993 geplant, bis 2004 verhindert, kommt nach fast 20 Jahren schon als ausgewachsene Baumanlage daher. Er entspricht der Idealvorstellung von «zuerivitruv» indem er das Prinzip ähnlicher Höhe von Haus und Baum verkörpert. Das kann im grösseren Massstab ein Stadtgewebe aus Beschattung und beschattetwerden ergeben. Bei weiterer Überlegung wird klar, dass die tiefwurzelnden Grossbäume Erdfeuchte in die Stadt hinein verdunsten und damit durch diesen physikalischen Prozess kühlende Wirkung entfalten.