Die Zürcher Städtebauschwäche

Ein weiterer Langzeitschaden, wie ihn die Tramdepôt-Türme Hard an der Limmat darstellen, darf nicht mehr vorkommen. Die Türme am Wasser machen aus dem Fluss eine Schlucht. Und da sie dazu noch auf der falschen Seite der Limmat stehen, überschatten sie das Gewässer und nehmen ihm sein Wesen: das Glitzern und den offenen Himmel. Auf diese Art kann es nicht gelingen, aus der Unwirtlichkeit des ehemaligen Industriequartiers auszubrechen und von der Limmat als «Industriekanal» (ohne jegliche Ufergestaltung) wegzukommen. Wie am Rheinfall (Posting vom 6. Oktober) wird mit den Tramdepôt-Türmen an einer verkehrten Welt gebaut: Die Mieter in den Türmen sehen auf den schönen Park (vgl. Rheinfall) hinunter, doch dessen Publikum ärgert sich über den Schatten und die dunkle gigantische Kulisse in der Blendung des Gegenlichts. 

Das städtebauliche Können Zürichs lässt zu wünschen übrig. Das war nicht immer der Fall, wenn wir z.B. an den andauernden Erfolg der prächtigen Quaianlagen von 1887 denken. Wasser, Sonne, Herbstlaub und die zurückgesetzte Gebäudekulisse von mässiger Höhenentwicklung bilden eine Synthese, die der Stadt etwas gibt. Auch in Zürich West, wo ehemalige Industriezonen neuen «zivilen» Nutzungen zugeführt werden, ist die selbe «Ufersorgfalt» wie am See angezeigt. Zürich scheint eine «Anne Hidalgo» (Bürgermeisterin von Paris) zu benötigen. Hidalgo übernahm die Zuständigkeit für Stadtentwicklung und Architektur, lancierte 2021 ein Manifest zur Verschönerung der Stadt und ist Präsidentin des «Atelier Parisien d’Urbanisme» und des «Pavillon de l’Arsenal» (permanentes Ausstellungsforum der Stadt Paris). Die Befreiung der Seineufer und künftig der Champs Elysées sind Werke von ihr.

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