Versuchen wir dem seelischen Aspekt näherzukommen, der die Qualität in einer Nachbarschaft ausmacht. Dabei ist von einer Bewohnerdichte auszugehen, die ohne einen Anteil von Familien nicht zu erreichen ist. Vielleicht ist es wie beim Fondue: ab einer gewissen Höhe über dem Caquelon reist der Faden – es ist nicht mehr so leicht, von der Wohnetage zur Strasse zu gelangen. Der Austausch wird mühsam, weil der Zusammenhang schwindet. Wo ist die Grenze? Zu viele Drehungen im Treppenhaus? Drei bis vier Etagen ist die Familie-mit-Kind-Grenze. Darüber Singles per Lift. Das seelische Befinden hat mit der Anonymität der grossen Zahl zu tun. Über 3, 4, oder 5 wird es «viel». Identität ist im «Viel» nicht mehr möglich.
Das bedenkend, kommt heraus, warum man Hottingen und Unterstrass gerne hat – auch Schwabing oder Notting Hill – aber die neuen Wohntürme an der Hohlstrasse nicht. Würde dieser Sachverhalt, der aus dem Wesen des Menschen kommt, wissenschaftlich erforscht, käme vermutlich nicht mehr heraus, als dessen Bestätigung. Wir können davon ausgehen, dass es eine «Quartiergemütlichkeit» gibt – ein Wohlbefinden und eine Geborgenheit in städtischer Dichte. Das ist die Balance zwischen Erreichbarkeit des Aussenraumes und der Privatheit auf der Etage.
Warum wird in der Stadt Zürich diese Tatsache nicht als Grundlage für Stadtentwicklung und Verdichtung genommen? Warum schauen wir immer noch zu, wie Technokraten unsere Zukunft mit Hochhausrichtlinien bestimmen wollen? Sollte nicht die Wohnbevölkerung Massstab für die Stadtentwicklung sein?