Grosse Gedanken, die im Zentrum stehen könnten

Paris wird, und jetzt zunehmend «wurde» zu oft nur durchfahren. Mit dem Velo und dem Prinzip der 15-Minuten-Stadt (täglicher Bedarf in Gehdistanz) nimmt der reine Durchgangsverkehr von selbst ab. Das zeigen die Karten der Luftqualität: Rot geht zurück und der Friede in den Quartieren nimmt zu. 

Dieser Einstieg zeigt uns friedliche und evolutive Vorgänge zum Besseren. Ohne den Widerstand erzeugenden Grabenkampf der sich oft totläuft. Es gibt aber eine Bedingung für den Erfolg des evolutiven Wegs: Klugheit, Intelligenz, Weitsicht, politische Reife. Ist das in unserem gegenwärtigen Zürich denkbar? Können grosse Gedanken im Ja/Nein-Hickhack überhaupt gedeihen? Ist der politische Weg überhaupt offen? Braucht es die Think-Tanks?

Think-Tanks können sich den Zeitfragen annehmen und Lösungswege formulieren. Ein gutes Zeitalter bewegt sich auf den Lösungswegen seiner grossen Fragen. Der Demokratie nützt es, wenn diese Wege ausgiebig abgebildet werden. Die engagierte Presse ist dazu unabdingbar. Die grossen Fragen sind heutzutage Energie, Klima, CO2. Daraus allein entsteht noch keine Zivilisation; weder Malerei noch Musik. Aber ein «Drive», der vieles mitreissen kann und Wege zur Lösung der Zeitfragen öffnet. 

Bevor wir diesen Faden (vielleicht) weiterspinnen, verweilen wir bei der Presse: Der oben beschriebene Abbildungsprozess hat in den Zürcher Lokalredaktionen noch kaum begonnen. Die Kiste der die Stadt Zürich weiterführenden Gedanken ist noch nicht geöffnet.

Kokainkönig im Mobimo-Tower

Schon 1972 schrieb der New Yorker Architekt und Soziologe Oscar Newman über die durch das Hochhaus begünstigte Kriminalität. Ein Zürcher Fall ereignete sich im letzten Jahr im Mobimo-Tower. Da ja die Zürcher Bauverwaltung bekanntlich die schon zu grossen Hochhauszonen mit ihrem Vorschlag nochmals vergrössern will und dazu noch mit einer Zone von unbeschränkter Bauhöhe auffährt, muss der Aspekt der Ermunterung zur Kriminalität durch Anonymität im Hochhaus neben den bereits erwähnten ebenfalls zur Sprache kommen.

Unwirtlichkeit, Masse und Anonymität der Bauformen haben in Chicago und New York immer wieder für Kriminalgeschichten gesorgt. Prominent mit Al Capone und fein über New Yorker Housing-Projects verbreitet in den Berichten von Oscar Newman. Unumstösslich ist die Regel: «viel Personen an einem Eingang» verunmöglicht die Sozialkontrolle. Dass das auch in Zürich so funktioniert, zeigen auf noch harmloser Stufe die schon mehrmals verschwundenen Lederesitzgruppen in den luxuriösen Metropolitan-Türmen von Leutschenbach. Die Höhe zerreisst den Faden zu Nachbarschaft und Quartier und zusammen mit der grossen Zahl ist Anonymität garantiert. Sie muss nicht, aber sie kann genutzt werden. Der europäische Kokainkönig Flor Bressers wurde nachts auf der 22. Etage im Mobimo-Tower festgenommen.

Bild: NZZ 12. Oktober 2024