Sophora

Die Sophore (auf deutsch) ist ein sehr heiterer und dekorativer Baum; winterhart, hitzeresistent, wenig durstig und erst noch ein Bienennährgehölz. Damit eine der geeigneten Sorten um unsere Stadt zu durchgrünen. Zwei Prachtsexemplare erheben sich auf der Pestalozziwiese vor dem Globus-Gebäude. Die ganze Blümlisalpstrasse im Quartier Oberstrass ist von Sophoren gesäumt. Im Juniregen bilden ihre Blüten einen «Ziger» auf der Strasse. Autos hinterlassen Spuren wie im Schnee. Im Bild: Limmat- und Stadthausquai.

Der Paradigmenwechsel (Wechsel der Leitsätze) hin zum durchgrünten urbanen Flachbau eröffnet uns das weite Feld der Bäume in der Stadt. Wie wir wissen, hat Paris dieses Feld bereits mit der Stadtplanung ab 1853 betreten und Baum und Stadt zusammen geplant. Mit Zürich haben viele Städte Ende des 19. Jahrhunderts nachgezogen. 1959 fand am Seeufer die Gartenbauausstellung statt, der wir einige Ergänzungen der prächtigen Quaianlagen von 1887 verdanken. Wie wir aus dem letzten Posting wissen, sind in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts in den Zürcher Ämtern Grünplanungen aus Klimagründen formuliert worden, jedoch untergegangen. Gehen Sie ins Herz von Zürich West, an die Turbinenstrasse beim Hotel Renaissance (Mobimo-Tower) oder an die Rämistrasse neben den Erweiterungsbau des Kunsthauses: Mehr Versteinerung ist gar nicht denkbar. 

Zürich sollte seine Hochhausplanungen einstweilen beiseite legen und schon aus stadtklimatischen Gründen einen Adolphe Alphand ernennen. Wir erinnern uns: Alphand war in Paris die für Grün und Bäume zuständige rechte Hand von Haussmann.

Seit 35 Jahren bekannt

Das Amt für Städtebau befasst sich seit Jahren mit der Revision des Hochhausleitbilds, ohne zu prüfen, ob Hochhäuser im gegenwärtigen ökologischen und energetischen Paradigmenwechsel überhaupt noch eine Berechtigung haben. Das bindet Kapazität, die für den Beginn des ökologischen Städtebaus fehlt. Dem Tages-Anzeiger ist am 25. Juli auf Seite 13 zu entnehmen, dass bereits 1986 in einem Freiraumkonzept über Bäume, Durchlüftungskorridore und freie Gewässerräume publiziert wurde. Peter Stünzi leitete damals das Gartenbauamt. Regula Bachman-Steiner befasste sich mit Stadtklima und habe vorausgesehen, dass Hitze zu einem Problem werde.  Der wichtigste Vorschlag war das «Leiterli»: eine Grünzone entlang den Geleisen auf Terrain, das die SBB nicht mehr brauchte, und eine weitere bandförmige Grünzone entlang der Limmat und Verbindungen zwischen den beiden, was dann zu diesem «Leiterli» geführt hätte. Das vorausschauende Konzept wurde ignoriert. Heute geschieht mit Volldampf genau das Gegenteil: statt einer Durchgünung eine laufende «Versteinerung» beidseits der Hitzezone des Geleiskörpers und auch entlang der Limmat. Darunter finden sich private wie auch städtische Hochhausprojekte. Die städtischen sind die Tramdepot-Hochhäuser an der Limmat und «Letzi» am südlichen Rand des Gleiskörpers. 

«zuerivitruv» schlägt vor, die Hochhausplanung einstweilen fallen zu lassen und den Kompass auf den ökologischen und stark durchgrünten Städtebau zu auszurichten.

Anhang zu „besser wachsen“

Anhang zu «Besser wachsen»

Das Programm hat die Gruppen reduziert – hier kommen sie vollständig:

«zuerivitruv» steht nicht alleine da. Es haben sich gleich mehrere Gruppen gebildet, die mit der Baupolitik der Stadt Zürich nicht mehr einverstanden sind. Sie haben Ideen, sie möchten überzeugen – helfen Sie mit, dass Zürich besser wächst:

  • Allianz lebenswerte Stadtentwicklung: allianz-z.ch
  • Verein Pro Limmatraum: info@pro-limmatraum
  • Zuerivitruv:  zuerivitruv auf Instagram und im Internet: www.zuerivitruv.ch (direkt eingeben, nicht über Google)

Besser wachsen

Reinhard Mohr schrieb am 21. Juli in der NZZ unter dem Titel «Burnout oder die Flucht vor den Nachrichten» u.a. über «news fatigue»: Korallensterben, Ukrainekrieg, Corona, Klima – kurz «das Schluchzen des weissen Mannes». «zuerivitruv» fragt sich nach der Lektüre, ob da noch Platz für ihn übrig bliebe. «zuerivitruv» ist auf die Stadt Zürich fokussiert und gegenwartsbezogen. Städtebau handelt vom Ambiente des Menschen: «wie er sich einrichtet». «zuerivitruv» ist sich bewusst, in einer grossen Bauperiode zu agieren: Zusammen mit jeder Kritik soll eine Perspektive aufscheinen. 

Was «zuerivitruv» gegenwärtig am meisten beschäftigt, ist die Notwendigkeit einer Bau-Wende – weltweit, Zürich nicht ausgenommen. In unserer volksnahen Demokratie, die auftretende Probleme laufend löst, müsste das eigentlich möglich sein. Das Bisherige – darunter das Stoppelfeld von Hochhäusern – überzeugt niemanden mehr. Der schon lange vor der Tür stehende ökologische Städtebau muss endlich eingelassen werden. Es könnte sogar ein Vergnügen sein, wieder einmal eine würdige Aufgabe anpacken zu können. Für die Bevölkerung, den Gemeinderat und den Stadtrat. Die politischen Parteien eingeschlossen.

«zuerivitruv» steht nicht alleine da. Es haben sich gleich mehrere Gruppen gebildet, die mit der Baupolitik der Stadt Zürich nicht mehr einverstanden sind. Sie haben Ideen, sie möchten überzeugen – helfen Sie mit, dass Zürich besser wächst:

  • Allianz lebenswerte Stadtentwicklung: allianz-z.ch
  • Arbeitgruppe Städtebau Zürich: asaz-arch.ch
  • Verein Pro Limmatraum: info@pro-limmatraum
  • Zuerivitruv:  zuerivitruv auf Instagram und im Internet: www.zuerivitruv.ch (direkt eingeben, nicht über Google)

38,1° C

NZZ-Titel 38,1°C.  Es gibt seit etwa 20 Jahren einen Heissluftkanal von der Sahara westlich der Alpen vorbei nach Frankreich. Als «zuerivitruv» in einem Hitzejahr auf der Autobahn nach Westen fuhr, huschte ein Overheadsign über ihn hinweg. Die Message in grossen Leuchtbuchstaben: «Attention, fortes températures! – pensez à vos proches!». Es waren damals 40°C. Gemäss obiger Zeitungsmeldung ist der diesjährige Hitzestrom inzwischen bereits bis nach London gelangt. 

Die stark durchgrünten Stadtquartiere im verdichteten urbanen Flachbau gewinnen jetzt ultimativ an Aktualität. Alles Überragende, das sich aus dem Schutz der Bäume löst, wird langfristig zum Investitionsrisiko für die Investoren. Die Bausubstanz gleisst ungeschützt in der Sonne. Es kann sich auch zum Klimadebakel aufschaukeln, wenn wir jetzt nicht aufpassen: Alles Aufragende bremst die Durchlüftung der Stadt. Zürich ist hier mit seiner sommerlichen Schwachwindigkeit in besonderem Mass anfällig. Auch rettende Fallwinde von Üetliberg, Zürich- und Käferberg werden ausgebremst. Solch aufragende Volumen bezeichnete die Stadt Graz in ihren Klimastudien «Strömungshindernisse». Dies bereits im Jahr 2000 – also vor 22 Jahren! In dieser Zeitspanne hat die Stadt Zürich mit dem Bau von Strömungshindernissen «tüchtig» zugelegt. Das versinnbildlicht der inzwischen gängig gewordene Begriff «Stoppelfeld» bestens. Das Erstaunliche: Diese Stadtverwaltung wagt es, dem Gemeinderat im Herbst eine Planung für die Vergrösserung der Hochhauszonen vorzulegen und darin enthalten erst noch eine spezielle Zone mit Höhen von 250 Metern. Eine drei Kilometer lange Wand mitten durch Zürich West.

Rettender Schatten

80°Celsius werde der Handlauf, schrieb noch im letzten Jahrhundert NZZ-Redaktor Sigi Schär anlässlich der Einweihung des Zahnärztlichen Instituts. Die prominente Zeder, die Sie im Bild sehen, gab der dort einmündenden Nebenstrasse bereits im 19. Jahrhundert ihren Namen. Schär beklagte eine solche Handlauftemperatur für ein öffentliches Gebäude. Zum Glück herrschen solche Temperaturen nicht im ganzen Institut – wenigstens solange ein Teil der Räume im Schatten der Zeder Schutz findet. 

Ein paar Schritte entfernt ragt seit 1958 das «Schwesternhaus» gen Himmel. Auch dort haben mehrere Bäume stattliche Höhen erreicht. Doch haben sie keine Chance je das Hochhaus mit ihrem Schatten zu beglücken. 1:0 für die gleissende Sonne. 

Aus diesem Vergleich lässt sich schliessen, dass auch die Höhe von Grossbäumen eine kluge Limite für Gebäude in einer Stadt abgibt.

Ideen für Zürich Nr. 2: Kühlende Alleen für das Kunsthaus

Wie ein gerippter Heizkörper bietet sich die Rämistrassenfassade des Chipperfieldbaus den horizontal auftreffenden Strahlen der aufgehenden Sonne dar. Den ganzen Morgen lang. Erst am Mittag kommt die Platzfassade dran. Auf dem breiten Trottoir der Rämistrasse findet – wer diese morgendliche «Saharazone» bewältigen will oder muss – ein paar Elektrohäuschen und gleissende Autodächer.

Im letzten Posting haben wir vom bekömmlichen Einrichten in der europäischen Stadt gesprochen sowie dem dazu gehörenden Schatten und Rauschen der Blätter. Warum kommen wir denn um den Chipperfieldbau des Kunsthauses herum so nackt, ungeschützt und trostlos daher? Lassen wir einmal die durch den Verkehr bestimmte Platzseite aus dem Spiel. Ungeschickt, aber unabänderlich ist die Tatsache, dass beide Seitenfassaden trotz sehr unterschiedlicher Bedeutung ihrer Strassen ähnlich breite Trottoirbereiche aufweisen. Doch das Museum lässt sich jetzt nicht mehr verschieben. Die Rämistrasse als die Zürcher Ringstrasse verdiente 1 – 2 Reihen von Alleebäumen. Auch die Kantonsschulstrasse könnte von Bäumen gewinnen. Weiter oben hat die ETH bereits vor etwa 20 Jahren ihr nobles Ringstrassendasein erkannt und die Bäume nachgeholt. Wenn die städtebauliche Logik und eine sommertaugliche Begrünung sich ergänzen, sollte jetzt in der Klimakrise gehandelt werden. 

Architektur & Natur in der Stadt

Europäische Zivilisation heisst immer auch, sich bekömmlich einrichten. Wir wollen an ihrem Nationalfeiertag «Quatorze Juillet» an die Franzosen denken. Was sich als Lebensart einst am Hof entwickelte, weitete sich nach der Revolution auf das ganze Land aus. Denken wir dabei an das Bild «Bal du Moulin de la Galette» von Renoir. Man hört als Synthese mit dem Vergnügen das Rauschen der Blätter. Wir gehen darum auch ans Meer. Ob Wellen oder Bäume, der gekonnte Einbezug von Natur in der Stadt, macht das europäische Stadtgehabe. Der Fächer ist breit; er reicht vom Strassenbaum, dem Boulevard über die kleine Anlage bis hin zum Quartier- und Stadtpark. 

Adolphe Alphand wurde im Paris von Haussmann mit dem Stadtgrün betraut. Er half die Stadt im Gleichschritt von Haus & Baum zu erneuern. Liebling von «zuerivitruv» ist der Parc des Buttes Chaumont (avec ses allées sinueuses). Das ist die geniale Schöpfung eines ausserordentlich interessanten öffentlichen Grünraumes, der aus einem ehemaligen Steinbruch hervorgegangen ist: Gebirge, eine Hängebrücke für Fussgänger, ein See. Ein wahres dreidimensionales Erlebnis erwartet Sie. Paris könnte bestens ohne sein Disneyland auskommen.

Wir brauchen dringend diese Poesie und «zuerivitruv» meint: Mit europäischen Qualitäten wachsen, weniger mit solchen von Dubai. Das ist natürlich als freundliche Aufforderung an das Amt für Städtebau gemeint, seine Hochhausfantasien, die bis 250 Meter gehen, fallen zu lassen. Der Hochhaus-Hype konnte 2001, im Jahr seines Beginns, gerade noch als Instrument des Aufbruchs halbwegs ernstgenommen werden.  Seit wir fast nur noch über Ökologie, Energie und Klima sprechen jedoch nicht mehr.