Richtpläne legitimiert

Mit der Zustimmungsquote von um die 60% sind die Richtpläne Siedlung und Verkehr legitimiert; die Gleise bis 2040 sind gelegt. Ab jetzt kommt es darauf an, auf ihnen und klarsichtig zu fahren. Im Detail überfrachtet und mit einer Spreizung, die fast nicht auszuhalten ist, wartet zumindest der Richtplan Siedlung auf eine kluge Steuerung in Richtung Zukunft im Gemeinderat. Da müssten angesichts des inzwischen immer deutlicher werdenden Paradigmenwechsels (Klima, Energie, Ökologie) die konträren Hochhausfreigaben (Aufhebung der Höhenlimiten und Möglichkeit von Hochhausballungen) eliminiert werden. Die Bewohner, speziell die Familien, werden dankbar sein. Dass die Gefahr eines Wildwuchses wie in Wuhan besteht, ist bis zu dieser Korrektur vorhanden. Die erste Prüfung kommt mit der sich seit langem im Gange befindenden Revision des Hochhausleitbildes. Hier müsste die verantwortliche Behörde – das Amt für Städtebau und sein Beratungsgremium – wohl den Mut haben, über den eigenen Schatten zu springen.Nach diesem einzelnen Bedenken möchte sich «zuerivitruv» den goldenen Seiten der Richtpläne widmen. Die übermässige Detaillierung der Massnahmen muss in der Umsetzung nicht aufrechterhalten werden. «zuerivitruv» hofft auf eine  vorwärtsgerichtete Politik im Rat. Eine gute Stadtentwicklung soll im Vordergrund stehen. Dazu können alle Parteien beitragen. Der Vektor ist klar: sanfter, grüner und trotzdem ein wenig dichter. Vielleicht erfährt dabei der Gedanke ans angenehme Quartier und ans schöne Stadtbild wieder etwas Bedeutung.

Nochmals: Richtplan Siedlung

«zuerivitruv» denkt laufend nach und liefert nochmals: Die Wende der Paradigmen ging in den letzten Jahren so schnell, dass der schon immer kaum visionäre, zu detaillierte und wenig begeisternde Richtplan unter die Räder gekommen ist. Schaut man nur schon den Wechsel des Tons beim Tages-Anzeiger oder der NZZ zwischen 2016 und heute bei der Beschreibung der Weltprobleme an, begreift man, dass es einen Neustart des Richtplans braucht. Es hat keinen Sinn, die neuen Anforderungen an die Stadt Zürich mit einer Last, statt einer Begeisterung zu starten. 

Unter anderem muss – wie das Bild im übertragenden Sinn aussagt – die aus der Zeit gefallene extreme Hochhausförderung weg.

Bild: Franco Maticchio

Nr. 2 Europäische Städte: Rom

In der allgemeinen Desorientierung darüber, wie eine europäische Stadt in Zeiten nach dem einseitigen Wachstumsdenken aussehen soll, zeichnen sich für die neue Epoche neue Wege ab. Beim Wechsel der grundlegenden Leitsätze geht es um den Übergang von «Wachstum um jeden Preis» zu einer Lebensart «im Gleichgewicht mit dem Planeten». Das nennt sich Paradigmenwechsel. Der geistige Kompass muss neu ausgerichtet werden.

Was zeichnet sich für die Stadt ab? Vielleicht geht es so: alle Kraftakte vermeiden. Wie sieht denn eine solche Stadt aus? Wenn sie Hügel hat, vielleicht wie Rom. Nichts ragt heraus, alles ist von Grün durchzogen. Das gilt dort sogar für den modernen Stadtteil EUR. Rom und viele andere europäische Städte helfen uns mit dem Erscheinungsbild. Davon kann ausgegangen werden. Darauf können die neuen Leitsätze angewendet werden. 

«Low energy» heisst «low rise – high density». Mit diesem Besteck lässt sich an das Bestehende anknüpfen. Das falsch Gebaute bleibt bestehen, das Neue folgt den neuen Leitsätzen. Damit das glückt, braucht es ein starkes Bauamt, das die Regeln vorschlägt und auch, was bisher nicht geschehen ist, die grossen Bauherren und deren Kapital lenkt. Beide, Bevölkerung und Investoren, werden dann zufrieden sein, weil sie auf dem richtigen Weg sind: sie bauen Zivilisation. Ohne überzeugende Vorgabe geht das nicht. Darum muss zuerst einmal der Richtplan Siedlung abgelehnt werden, damit der Weg für Besseres frei wird. Im kommenden Februar gibt es Wahlen!

W i r machen unsere Stadt

Wir sind es, die in unserer Stadt leben. Warum sollen wir uns von Kräften überrumpeln lassen, die nur teilweise in unserem Interesse arbeiten oder gar nicht? Natürlich können wir nicht einfach loslassen, doch haben wir die bestausgebaute Demokratie der Welt und stimmen jetzt über die Richtpläne Siedlung und Verkehr ab, die den Weg bis 2040 aufzeigen sollen. Wie in den bisherigen Postings dargelegt, ist der Richtplan Siedlung u.a. auch wegen seiner langen Entstehungszeit nicht mehr am Puls der neuen Erkenntnisse bezüglich Klima und Städtebau. Auch das Stadtbild, obwohl Allgemeingut, kommt nicht vor, ist nicht thematisiert. Der inzwischen als veraltet zu bezeichnende Hochhaus-Wildwuchs soll nun noch durch Entfernung der Höhenlimiten gefördert werden. Damit würde eine uneuropäische Bahn in Richtung Wuhan oder Chengdu eröffnet. Die Widersprüche im Planwerk sind zu gross und es kann die Funktion einer Zielgebung bis 2040 nicht erfüllen. Seine Widersprüchlichkeit würde jahrzehntelangen Streit vorprogrammieren.

Es bleibt uns deshalb nur die Ablehnung des Richtplans Siedlung, damit die positiven und zeitgemässen Kräfte im Gemeinderat eine Chance erhalten die Stadt Zürich in unserem Interesse zu gestalten.

Nägel in der Suppe

“zuerivitruv” denkt an die Abstimmung über den Richtplan Siedlung vom 28. November. Den Richtplan Verkehr lassen wir ausser Betracht. 

Im Richtplan Siedlung ist die totale Hochhausfreigabe (Aufhebung der bestehenden Höhenlimiten und die Erlaubnis für Hochhausballungen) schlummernd enthalten. Das sind die zwei grossen Nägel in der Richtplan-Suppe. Das wurde in den letzten Postings vor den Kurzvideos und dem Stadtbild Lissabon schon thematisiert. Die NZZ hat die Höhenfreigabe ganz am Rande erwähnt, über die Ballungen aber nicht orientiert. Die Tages-Anzeiger-Leser wissen von beidem nichts. Auch im Abstimmungsheft der Stadt Zürich gibt es keinen Hinweis auf die beiden Nägel. Darum der Ausdruck «schlummernd».

Ist «zürivitruv» denn das einzige Medium, das darüber orientiert hat? Nein, P.S. – die linke Zürcher Zeitung – hat in der Nummer vom 5. November einen Leserbrief dazu publiziert. Wenn das Stadtbild Allgemeingut ist, wie wollen wir ein Zü-han (Wuhan) verhindern? Ein NEIN zum Richtplan Siedlung zwingt zur Korrektur und schafft die Möglichkeit den bereits nicht mehr aktuellen Plan aus dem Jahr 2018 zu aktualisieren. 

Lesen Sie auch «Inside Paradeplatz» vom letzten Mittwoch 17. November: «Paris hält seinen Himmel offen, in Zürich wird es eng».

Das Kind und der Richtplan

“zuerivitruv” wollte mit den europäischen Stadtbildern weiterfahren. Weil die Abstimmung über die Richtpläne läuft, muss sich noch dringender zuerst das davon betroffene Kind äussern können. Wir befinden uns dann auch gerade auf der Linie der Bücher des bekannten Schweizer Kinderarztes Remo Largo. Sein Leitspruch: «Sagen Sie mir doch, wie man im 24. Stock ein Kind aufziehen soll». 

Wir meinten, die verfehlten Wohn-Hochhäuser des letzten Jahrhunderts hinter uns zu haben und staunen über den in Zürich losgetretenen Hochhausboom, erst nur für Bürohäuser, jetzt und zunehmend für Wohnzwecke. Diese Fehlentwicklung würde durch die im Richtplan Siedlung enthaltenen Hochhausfreigaben noch kräftig gefördert. Gemeint ist die Aufhebung der heute geltenden Höhenbegrenzungen von 40, 60 und 80 Metern, und die neu zu schaffende Möglichkeit, ganze Ballungen zuzulassen.

Dazu zwei interessante Kurzvideos:

Europäische Städte: Lissabon

Links die Sicht vom Meer ins Land: Das Bellevue von Lissabon heisst «Praça do Comércio». Dann folgt ein Schachbrettquartier und nach dem Rossio ein Knick mit dem Beginn der langen ansteigenden Avenida da Liberdade. Man gibt sich europäisch und  lässt sich die Schönheit nicht durch Hochhäuser verderben.

In unseren grosszügigen grünen Quaianlagen (1887), und besonders schön am Zürichhorn, geniessen wir unser kleines Meer. Bei der Weiterführung gegen Westen hin haben wir nicht aufgepasst und Europa verlassen. Es geht dort in Richtung Kunming oder Wuhan. Wo ist der Stadtbaumeister geblieben?

Crème fraîche

Den Richtplan Siedlung zu verstehen und in den Griff zu bekommen, bedarf vielleicht einer Metapher. Da bietet sich die französische Crème fraîche an. Im Restaurant können Sie durch die Frage «comment la voulez vous?» überrascht werden. «Sucrée ou avec oignons?». Das sind Welten und nur das eine oder das andre ist geniessbar, jedoch nicht die Mischung. Der unausgegorene Richtplan enthält aber beides gleichzeitig. Einerseits die Sanftheit im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Anderseits aber auch die fatalen Freigaben für Hochhäuser: Die Aufhebung der Höhenlimiten und die Möglichkeit ganze Ballungen von Hochhäusern zuzulassen. Wird der Richtplan Siedlung angenommen, müssen diese Empfehlungen über kiurz oder lang in konkreten Baugesetzen Eingang finden. Dazu steht das Vehikel bereits in Wartestellung: Die Revision des Hochhausleitbilds, die Anfang 2022 abgeschlossen sein soll.

Angesichts der grossen Bauperiode, in der wir uns befinden und der auf Investition wartenden Milliarden, wäre eine solch enorme Freigabe für unsere Stadt viel zu gefährlich. Der Richtplan Siedlung hätte, wenn er zeitgemäss wäre, ein Moratorium für Hochhäuser enthalten müssen und nicht diesen absurden Freipass.