HHLB 24: Uferschutzinitiative

Die Frage, ob das Hochausleitbild (HHLB) um weitere Jahrzehnte verlängert werden soll, braucht gewisse Kenntnisse in Urbanismus/Stadtentwicklung. Überkomplex sind die Fragen jedoch nicht. Die Uferschutzinitiative ist mit weit über 4000 Unterschriften gestern eingereicht worden. Es ist die Angst vor Hochhauszonen mit 60 Metern Bauhöhe entlang der Limmat. Nicht viel besser sieht es (wie schon gemeldet) mit den quadratkilometergrossen Hochhauszonen aus, mit denen Wohnquartiere im Norden und Südwesten Zürichs übersät werden sollen. Immer mehr wird bewusst, dass Stadtmodelle aus Übersee – heutzutage aus West und Ost – für europäische Städte kein geeignetes Mittel zur Nachverdichtung sind. Sie bringen Unglück in die Wohnquartiere. Niemand hat bisher die Betroffenheit der Nachbarschaften thematisiert. Und niemand hat bisher auf den Schaden für die Uferpartien hingewiesen.  Es ist das grosse Verdienst der Uferschutzinitiative auf die drohende Hochhauswelle hinzuweisen.

Nachdem sich die liberale Epoche mit den prächtigen Quaianlagen 1887 mit grossem Erfolg um die Seeufer kümmerte, vernachlässigt die gegenwärtige Administration die Limmatufer in der Zeit des grossen Wachstums in Zürichs Westen. Sie beschäftigt sich lieber mit Hochhäusern, die inzwischen aus klimatischen, energetischen und sozialen Gründen fragwürdig geworden sind.

Unteres Bild: Die Baustelle der städtischen Tramdepôt-Hochhäuser, die den neuen Wipkingerpark infrage stellen werden.

HHLB 23: Zürich muss entscheiden

Das Hochhaus hat unter Umständen auch mit der Verschandelung unseres europäischen Stadtbilds zu tun. London hat es unbeschränkt zugelassen und seinem Ruf geschadet. Paris hat nach dem Betriebsunfall der Tour Montparnasse bereits 1967 entschieden, Hochhäuser ins Quartier de la Défense hinaus zu verwiesen. Das sind folgenschwere (positive) Weichenstellungen langfristiger Natur: «Gouverner c’est prévoir». Wollen wir keine Tiefflieger sein, ist jetzt zu entscheiden, ob mit dem schon zwanzigjährigen chaotischen Ausstreuen von Hochhäusern weitergefahren werden soll. Eine Auslagerung à la Défense ist uns nicht gelungen. Im Gegenteil: Jetzt werden zusätzliche quadratkilometergrosse Zonen von 40 Meter-Stumpen vorgesehen und dazu am anderen Ende der Palette ein 3.5 Kilometer langer Streifen ohne Höhenlimite. 

Der Moment ist günstig, die Erneuerung des Hochhausleitbilds abzusagen, und vom Amt ein Konzept für klimagerechten Städtebau zu verlangen. «zuerivitruv» setzt auf den in der Verantwortung stehenden Gemeinderat.

HHLB 22: Noch kein Glück für Zürich

Ob der Erlass von Hochhauszonen 2001 für unsere Stadt «Glück» brachte, lässt sich 20 Jahre danach gut beurteilen. Ein Architekt und Redaktor bezeichnete unser Stadtbild kürzlich als «Birchermüesli». Was würden weitere 20 Jahre mit einem revidierten Hochhaus-Leitbild bringen? Die Beschleunigung davon? Wenn man die Augen vor der Zukunft nicht verschliessen will, heisst das die Fortsetzung des «Wildwuchses» zwischen unseren Hügelzügen. Es ist bequem, die Augen zu verschliessen. Dass die Zukunft nur erfunden worden sei, um die Gegenwart zu verderben, meinte Brigitte Bardot in einem ihrer frühen Filme.

Amt, Politik und Presse aufzurütteln fällt den vorausschauenden Kräften gegenwärtig nicht leicht. Auch sie selbst mussten einen längeren anstrengenden Weg hinter sich bringen, um zum klaren Schluss zu kommen, dass die vorliegende Revision des Hochhausleitbilds abzulehnen sei. Wie schon früher gesagt, um den Weg für die Formulierung eines klimagerechten Städtebaus freizumachen. Würde es der Stadt Zürich nicht besser anstehen, die Türen zu einer energetisch sinnvollen Zukunft aufzustossen, als nochmals 20 Jahre überholten Baumustern anzuhängen? 

HHLB 21: Gartenstadt Schwamendingen

Echt englische Qualitäten: Reihenhäuser entlang ruhigen Quartierstrassen. Zwischen den Reihen die Gärten und die Wege im Grün, die zu den Kindergärten und Schulen führen. Stadtbaumeister A.H. Steiner hat diese städtebauliche Erfindung übernommen und auf den damals neuen Stadtteil angewendet. Die Wohnzufriedenheit ist ausserordentlich hoch. Trotz des kantonal «befohlenen» Verdichtungsfiebers müssten diese wertvollen Stadtstrukturen nicht geopfert werden. Gewiefte Städtebauer wissen, dass sich diese wertvolle Struktur verdichten lässt. Reihenhäuser können mit offenen Erschliessungsgängen gestapelt werden. Das hat seinerzeit Rolf Keller 1984 mit «Chriesmatt» in Wangen bei Dübendorf vorgemacht. Eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Dichte ist möglich: Eine schöne Gelegenheit für einen Städtebauwettbewerb unter Architekten! Mit dieser bezahlbaren Bauform ist nicht nur eine Baumassen- sondern auch eine Einwohnerdichte möglich. Ganz im Gegensatz zu den 20-40% teureren Hochhäusern, die dann im Vergleich unterbelegt sind und unweigerlich zu Gentrifizierung führen.

Oberes Bild: A.H. Steiner 1948, unteres Bild: Amt für Städtebau 2022

HHLB 20: Strunkzone gefällig?

«zuerivitruv» graut vor den vorgeschlagenen quadratkilometergrossen 40 Meter-Hochhauszonen (hellbraun im Plan). Sie reichen im Norden von Affoltern über Oerlikon bis in das als Gartenstadt konzipierte Schwamendingen hinein. Im Südwesten sind sogar Hanglagen von Albisrieden betroffen. Hochhäuser in Hanglagen sind weltweit ein No-Go. Die 40 Meter-Bauform ist, wie das Beispiel «Hoch3» an der Birmensdorferstrasse (3 Postings ab 12. Januar) zeigt, gedrungen und plump und viel zu hoch, um sich zu integrieren. Betonungen von Kreuzungen mit einem turmartigen Zusatzgeschoss sind in Europa weitherum und seit langem als Form von Stadtgestaltung bekannt. Die 40 Meter-Bauform (13 Etagen!) ist im Vergleich dazu die Faust aufs Auge. 

Wenn wir nun schon seit Jahren vom Zürcher «Stoppelfeld» sprechen, müssen wir jetzt als zusätzliche Beeinträchtigung im Stadtbild eine Unzahl von «Strünken» gewärtigen. Nach Vorschlag des Amtes für Städtebau wartet ein chaotischer Gemischtwarenladen auf uns – ein «Birchermüesli» aus Strünken und Stoppeln. Sie ragen aus dem Gebäudehorizont und blockieren dadurch die Weitsicht. Wir müssen uns auf ein endemisches Wuchern in den übergrossen «Strünkezonen» gefasst machen.

HHLB 19: Bodenbezug

Die grosse Diskussion zurzeit: kann, soll, wünscht oder muss der Mensch in Zürich Hors-Sol-Wohnen? Machen wir einen Ausflug in die Kunst: Die Nabis, die Nachfolger der Impressionisten, befassten sich nicht mehr mit den grossen Stadt- und Landschaftsräumen. Sie konzentrierten sich auf das Innere des Hauses und dessen Umfeld, d.h. die Nachbarschaft. Das zeigte uns im letzten Herbst die überaus gelungene Ausstellung im Stadtmuseum von Bern.

Das Bild von Edouard Vuillard veranschaulicht die Intimität der Nachbarschaft – wie und wo sich der Mensch aufhält. Kiosk, Parkbank, im Hintergrund die 5 1/5-geschossigen Wohnbauten nach Prinzip Haussmann (eine der vielen Erscheinungsformen des «verdichteten urbanen Flachbaus»). Der Boden ist die Bezugsebene der urbanen Zivilisation. Die verbindende Öffentlichkeit – in Europa über Jahrhunderte ausgeprägt und raffiniert. Von Leben erfüllte Alleestrassen, Plätze und Pärke. Das städtische Wohnen und Leben. 

Was soll in Zürich – ohne Not – das Hors-Sol-Wohnen mit seinem Nadelöhr des Lifts? Paris weist, wie schon oft in diesen Postings gesagt, vierfache Einwohnerdichte von Zürich auf. Ohne Hochhäuser. Zürich muss noch lange nicht zum Hochhaus als Stapel- und Entfremdungsform des Wohnens greifen. Die Bewohnerschaft von Zürich «muss» also nicht!

HHLB 18: Das falsche Menu

Wir sind in einer direkten Demokratie – niemand kann uns zwingen, das falsche Menu zu essen. Wir können es zurückweisen und ein besseres verlangen.

2019, als die Arbeit an der Revision des Hochausleibilds von Zürich begann, konnte man noch die Meinung haben, gut platzierte Hochhäuser könnten Sache der Zukunft sein. Doch schon damals eine Meinung unter vielen andren. Über klimagerechten Städtebau spricht man schon seit Jahrzehnten. Oft waren auch Überlegungen des guten lebenswerten Wohnens dabei. Rob Krier (Postings vom 1., 2. Und 3. Dezember) formulierte das dichte europäische Stadtgewebe in Realität und in der bildlichen Vision sehr schön: lebenswertes bodenbezogenes Stadtgewebe, statt isoliert stehender Türme. 

Zürich verschläft den Anschluss an den klimagerechten Städtebau, indem es ausgerechnet in unserer Zeit eine 2. Stufe des Hochhausbaus zünden will. Es braucht Mut, mit genügender Distanz zu überlegen, ob es nicht besser wäre, zurückzuweisen und damit den Weg für eine bessere Zukunft freizumachen.

HHLB 17: Die Dubai-Zone

Die Hochhäuser in Wuhan finden kurz nach der 20. Etage ein oberes Ende. Aus konstruktiven und aus Kostengründen. Damit war eine Höhe von ungefähr 60 Metern erreicht. Dubai setzt mit seinen Ölmilliarden andere Massstäbe und will damit die ganze Welt ausstechen. Mit dem Burj Khalifa wurden vorerst einmal 800 Meter erreicht. Will der Zürcher Hochbauvorstand André Odermatt (SP) mit seiner Stadtbaumeisterin Katrin Gügler gleichziehen? Schlagen sie darum zwischen Gleisfeld und Limmat eine 3.5 km lange «Dubai-Zone» mit unbeschränkter Höhe vor?

Diese «Dubai-Zone», die im letzten Februar noch eine Höhenbegrenzung (von ¼ Kilometer) hatte, ist Bestandteil der aktuellen Revision des Hochhausleitbilds (HHLB). 

Da gibt es zwei Fragen: 

Was tut sie den Nachbarschaften an, die sie vor die Nase bekommen?

Was tut sie unserer ganzen Stadt im offenen Gletschertal an?

Oberes Bild: die Dubai-Zone schwarz gestreift